Umweltministerium: Geldlos aber allgegenwärtig

Antonio Brack. Foto: Agencia AndinaKaum ein Satz würde die derzeitige Situation des frisch gegründeten peruanischen Umweltministeriums besser ausdrücken als der, mit dem der regierende Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit einmal seine Stadt beschrieb: Arm, aber Sexy. Das Thema Umweltschutz steht ganz oben auf der Presseagenda und ist auch in Alltagsgesprächen ständig im Mittelpunkt. Dass es so ist, überrascht kaum, hängt doch über Lima ein ganzjähriger Smogfilm. Selbst an den abgelegensten Orten findet man herumliegende Plastiktüten und der Müll wird meist entweder einfach verbrannt oder einfach einen Berg hinuntergekippt. Abwässer fließen bis auf wenige Ausnahmen ungeklärt einfach ins Meer oder in Flüsse. So war es schon seit langem an der Zeit, auf höchster Ebene eine Instanz zu schaffen, die sich um diese Themen kümmert. Geschickt hatte der Staatschef Alan García den Lateinamerika-Karibik-EU-Gipfel ausgewählt, um die Gründung des neuen Ministeriums bekannt zu geben. So konnte er sich dort nicht nur von vielen Staatschefs auf die Schulter klopfen lassen, sondern gleich Kontakte knüpfen, um an KnowHow und Geld aus den Ministerien und Kassen der Teilnehmerstaaten zu kommen.

Mit Antonio Brack Egg zog er zudem einen Minister aus dem Hut, der nicht von allen, aber von sehr vielen Organisationen und Institutionen, die sich mit dem Umweltschutz auseinandersetzen, seit Jahren als Experte anerkannt und geschätzt wird. Auch war er vorher durch ein Fernsehprogramm über Flora und Fauna Perus bereits das „Gesicht des Umweltschutzes“.

Seitdem nun ist Brack Egg beinahe täglich in den meisten Medien an sehr prominenter Stelle vertreten. Mit seinen Forderungen nach besserer Wasseraufbereitung, -verteilung und -klärung, nach Bau und Verbesserung von Müllentsorgungs- und Recyclingmöglichkeiten rennt er offene Türen ein. Zuletzt gab es einen Streit um einen Abwasserabfluss in la Perla, einem Stadtteil der Hafenstadt Callao, über den Schmutzwässer aus ganz Lima ungeklärt ins Meer fließen. Die Anwohner von La Perla wehrten sich vergebens, an ein Bad im Pazifik ist rund um den Stadtteil nicht mehr zu denken. So ließ es sich Brack Egg nicht nehmen, demonstrativ den gestrigen „Tag der Umwelt“ dafür zu nutzen, öffentlich in Villa El Salvador (VES) aufzutreten – einem der wenigen Teile Limas, die über ein voll funktionsfähiges Wasser- und Abwassersystem verfügen.

Am Tag seines Amtsantrittes verkündete Brack Egg, sein Ministerium nach Vorbild des deutschen Umweltministeriums aufbauen zu wollen. So war dann auch konsequenterweise eine seiner ersten Forderungen, Kraftfahrzeuge nach ihrem Verbrauch und dem Ausstoß von Abgasen zu besteuern.

Allein: So erfolgreich sich Brack Egg auch im „Agenda Setting“ (besetzen der Medien mit seinen Themen) betätigt, sein Ministerium besteht bisher nur auf dem Papier. Die wenigen Mitarbeiter und spärlichen Räumlichkeiten, über die das Umweltministerium derzeit verfügt, sind hauptsächlich durch internationale Kooperation finanziert. Vor wenigen Tagen lehnte es der Kongress ab, Mittel, die bisher der nationale Umweltrat CONAM erhält, auf das neue Ministerium zu übertragen. Der Grund dafür liegt weniger am Widerstand gegen ein Umweltministerium, sondern eher an der Art, wie das Ministerium gegründet worden war. Nicht das Parlament hat eine gesetzliche Grundlage geschaffen, sondern Präsident García hatte per Dekret die Gründung angeordnet.

Antonio Brack Egg hat sich schon durch so manche Schwierigkeit gebissen, vermutlich wird es auch bei diesem Mal klappen. Zu wünschen wäre es ihm, aber vor allem auch der peruanischen Umwelt.

Quelle: ANDINA, PCM

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