Auch nach der Verabschiedung der EU-Richtlinie zur Behandlung illegaler Einwanderer bleibt die unzumutbar schlechte Bahandlung dieser durch die Staaten der europäischen Union weiter bestehen. Das ist der Tenor der Bewertung dieser Richtlinie durch die meisten lateinamerikanischen Staaten. Das ist kaum verwunderlich, sind doch sehr viele lateinamerikanische Auswander davon betroffen. Besonders kritisiert wird das Festhalten irregulär Eingewanderter unter haftähnlichen Bedingungen, das bis zu 18 Monate ausgedehnt werden kann. Der bolivianische Präsident verglich das Verhalten der europäischen Union bereits mit dem Sklavenhandel: Hochqualifizierte würden nach eingehender Prüfung angenommen, weniger qualifizierte zurückgeschickt. Carlos Isasi Cayo, peruanischer Konsul in Madrid, erklärte, die Richtlinie würde Migranten kriminalisieren. Normale Kriminelle dürften nicht mehr als 3-6 Monate in Untersuchungshaft einsitzen, so Cayo. Zudem wieß er darauf hin, dass die Richtlinie nur unzureichend auf den volkswirtschaftlichen und demografischen Nutzen eingehen würde, den Migranten den Zielländern bringen. Der ekuatorianische Präsident Rafael Correa sagte, die Europäer sollten sich schämen und rief die Führer Lateinamerikas auf, gemeinsam gegen die neuen Richtlinien anzukämpfen, in denen er einen „Akt gegen die Menschenrechte“ sieht. Ecuador selbst hatte erst kürzlich die Aufhebung aller Visabeschränkungen beschlossen.
Die chilenische Regierung forderte Änderungen vor allem im Bereich der Familienzusammenführung, bei der die EU gegen internationale Vereinbarungen verstoßen würde. Zudem sprach sie sich dafür aus, zu Kenntniss zu nehmen, dass Lateinamerika flächendeckend über sehr liberale und gerechte Systeme zur Einwanderung verfüge. Auch ein Blick in die Geschichte sei nützlich, erklärte die chilenische Regierung in Anspielung auf Flüchtlingswellen nach Südamerika unter anderem während der Weltkriege. Erst kürzlich war in Chile 40.000 illegal im Land lebenden Migranten ein unbegrenztes Aufenthaltsrecht zugestanden worden.
Der bolivianische Präsident Evo Morales fasste die Forderungen folgendermaßen zusammen: Wenn die EU mehr Freihandel mit Lateinamerika wolle, solle sie gefälligst auch mehr Bewegungsfreiheit für Menschen ermöglichen.
Leider hat außer dem Schreihals Hugo Chávez keiner ein Druckmittel wie sein Öl – deswegen hört in der EU kaum jemand die vielfältigen Einwände aus Lateinamerika.
Quelle: RPP, ANDINA, Radio Activa