Bergbau-Probleme braucht man in Peru nicht mit der Lupe zu suchen. Nicht erst seitdem das Blacksmith Institute den Bergbau- und Hüttenort „La Oroya“ als einen der verseuchtesten Orte der Erde identifiziert hat, begann sich das auch im Ausland herumzusprechen. Wie auch bei der Yanacocha-Mine in der peruanischen Region Cajamarca, in deren Umfeld Anwohner immer wieder die Verschmutzung ihrer Gewässer anprangern, ist es im Falle „La Oroya“ weitgehend klar, welches Unternehmen im Moment für die Verschmutzung, beziehungsweise deren Verhinderung zuständig ist. Nicht ganz so klar ist die Sache allerdings, wenn nicht ein großes Unternehmen den Bergbau betreibt, sondern hunderte oder tausende Glücksritter oder zwielichtige Unternehmer halb oder ganz illegal am Schürfen sind.
Auslöser von Konflikten
Das Problem, kaum zu Übersehen und außerhalb der Hauptstadt Lima weitgehend bekannt, kam im November vergangenen Jahres schließlich ganz oben auf die politische Agenda Perus. Die Tageszeitung „El Comercio“ titelte „Brutale Entwaldung in Madre de Dios“, noch stärker schreckte aber das abgedruckte Bild eines gigantischen Areals auf, das früher einmal von dichtem Regenwald bedeckt gewesen sein soll (Siehe Bild). Heute sieht man nur noch das Grau und Braun von toten Bächen, die durch verschmutzten Sand und rauhen Felsen fließen.
Seitdem wird nach Lösungen gesucht für ein gewaltiges Problem mit einem Sektor, der Dank hoher Goldpreise riesige Gewinne einfährt. Das hat sich auch im letzten „Krisenreport“ der peruanischen Volksanwaltschaft (Defensoría del Pueblo) niedergeschlagen, in dem zahlreiche Bergbaukonflikte aufgeführt werden. Darunter ist auch der Fall „Reserva Comunal de Amarakaeri“, einem Schutzgebiet in Madre de Dios, in dem Goldschürfer ohne Lizenz zu Arbeiten begonnen hatten. Per Notfalldekret verbot Umweltminister Brack im Februar die Nutzung von „Dragas“ in Madre de Dios, kleine Schwimmbagger, die dort zum Goldschürfen im Wasser verwendet werden. Damit brachte er die Bergbau-Vereinigung Madre de Dios FEDEMIN gegen sich auf.
MEM: Rund 100.000 Beschäftigte im illegalen Bergbau
Schätzungen des peruanischen Energie- und Bergbauministeriums zeigen das Ausmaß des Problems, das wegen der Giftstoffe, die von informellen Goldschürfern in die Flüsse geleitet werden, ein ziemlich großes ist. Rund 100.000 Menschen, schätzt das Ministerium, arbeiten landesweit im illegalen Bergbau-Sektor und erwirtschaften damit bis zu 600 Millionen US-$ pro Jahr, wovon die geschädigte Bevölkerung und das ganze Land nichts abbekommen – wegen der fehlenden Kontrolle geht das Geld einfach am Fiskus vorbei. Damit birgt das Thema auch sozial einigen Sprengstoff, besonders in Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit wir beispielsweise Madre de Dios.
Probleme in vielen Teilen Perus
Doch nicht nur Madre de Dios ist betroffen. Im vergangenen Jahr hatten Bewohner der Provinz Condorcanqui im Norden der Region Amazonas beklagt, mehrere Goldsucher aus Ecuador hätten illegal die Grenze überquert um auf peruanischer Seite nach Gold zu suchen. Das entsprechende Gelände glich nach dem Abzug der Goldsucher einem Schweizer Käse. In Puno wurden zwei gigantische Lastkraftwagen und zwei Bagger beschlagnahmt, mit denen illegaler Bergbau betrieben wurde.
In Loreto, genauer gesagt auf dem Napo-Fluss (río Napo), beschlagnahmte vergangene Woche die peruanische Marine drei Schwimmbagger. Zuvor war die Marine bei einem Helikopterflug auf die Schiffe aufmerksam geworden. An Bord wurden nicht nur Werkzeuge zur Goldförderung und Pumpen gefunden, sondern auch zahlreiche Fässer mit hochgiftigem Quecksilber.
Nun sollen die bisher illegalen Bergbauunternehmer und Goldschürfer dazu bewegt werden, auf legalen Bergbau umsteigen. Dafür müssten strenge Umweltrichtlinien eingehalten werden, ein entsprechendes Gesetz soll dabei helfen. Dass das Thema damit gelöst ist, ist eher unwahrscheinlich Viele der Glücksritter – die nach Angaben des peruanischen Umweltministeriums bis zu einer Million US-$ in einen der 150 in Madre de Dios aktiven Schwimmbagger investiert haben – werden ihr Geschäft nicht so einfach aufgeben wollen. Eine Bevölkerung, für die der Staat und seine Leistungen wenn überhaupt bisher nur abstrakt in Erscheinung getreten ist, davon zu überzeugen, Steuern und Abgaben zu bezahlen, ist ebenfalls eine Aufgabe, die nicht von heute auf morgen zu bewältigen ist. Und selbst der Umstieg auf „legalen“ Bergbau garantiert – leider – noch immer keinen „sauberen“ Bergbau, da bisher – La Oroya und Yanacocha zeigen es – keine wirklich effiziente staatliche Kontrolle des peruanischen Bergbaus existiert. Weswegen die Bergbaukonflikte auch in Zukunft Monat für Monat den Krisenreport der Volksanwaltschaft dominieren werden.