Ein für außenstehende seltsam anmutendes Schauspiel lässt sich derzeit in Perus Regionalregierungen beobachten: Massenhaft Regionalpräsidenten nehmen plötzlich 120 Tage Urlaub. César Trelles Lara, Regionalpräsident von Piura schaffte es noch vor Freitag, José Murgia Zannier, Amtsinhaber in Piura war später dran, aber immer noch pünktlich, denn: Am 6. Juni war Abgabeschluss, ab da mussten alle diejenigen im „Urlaub“ sein, die an der Wahl am 3. Oktober diesen Jahres teilnehmen wollen. Und den Termin wollten die 11 Regionalpräsidenten im Sonderurlaub nicht verpassen.
Direkte Wiederwahl wird in Peru nur ungern gesehen. Präsidenten dürfen es nicht, auch wenn das Diktatoren wie beispielsweise Alberto Fujimori nicht besonders interessiert. Regionalpräsidenten dagegen dürfen es, aber nur, wenn sie 120 Tage vor der Wahl unbezahlten Sonderurlaub nehmen. Damit soll verhindert werden, dass Kandidaten beispielsweise bei der Einweihung von wichtigen Bauwerken, die auf Staatskosten errichtet wurden, oder mit Verteilen von Geschenken Wahlkampf betreiben.
So kommt es, dass Tumbes, Áncash, Huancavelica, San Martín, Madre de Dios, Loreto, Ucayali, Cajamarca, Lima, Piura und La Libertad in den kommenden Monaten in gewisser Weise „Kopflos“ sein werden. Derweil gibt es noch weitere, die sich gerne hätten aufstellen lassen, die 120 Tage waren ihnen aber zu viel. Bei manchen bestimmt eine Geldfrage, wird von anderen – wie beispielsweise dem Regionalpräsidenten von Puno – gemunkelt, sie hätten sich so mit ihren Stellvertretern überworfen, dass sie Angst hätten, ihnen das Ruder zu überlassen. Ganz aufgegeben haben sie aber noch nicht, derzeit geistert noch eine Gesetzesvorlage durch den peruanischen Kongress, die den vorgeschriebenen Urlaub von 120 auf 45 Tage verkürzen soll.
In Madre de Dios macht Regionalpräsident Santos Kaway Komori bereits Nägel mit Köpfen. Bereits am Samstag, dem Tag, an dem der „Urlaub“ begann, fand bereits der Wahlkampfauftakt statt, so Alcides Arguedas, Reporter von Radio Madre de Dios, gegenüber INFOAMAZONAS.
Bürgermeister haben es übrigens etwas einfacher: Sie dürfen sich auch so zur Wiederwahl aufstellen lassen. Allein bei Einweihungen müssen sie sich gebührend zurückhalten.
Nachtrag 8.6.: Regionalpräsident von Cajamarca zieht den Rücktritt zurück
Jesús Coronel Salirrosas, Regionalpräsident von Cajamarca hat inzwischen den Rücktritt von seinem Rücktritt erklärt. Er könne nicht verantworten, dass eine Person ohne Moral, die zudem einer ganzen Reihe von Unregelmäßigkeiten verdächtigt wird, seinen Posten übernehme und damit alle erreichten Fortschritte gefährde, so Salirrosas heute Morgen in Cajamarca. Kurz zuvor wollte sein Vize Aníbal Balcázar Torrejón unter dem Protest von Mitarbeitern der Regionalregierung Cajamarca seinen Posten als neuer Regionalpräsident antreten. Im April 2008 war Balcázar Torrejón auf frischer Tat ertappt worden, als er von einem Distriktbürgermeister 1.000 Nuevos Soles annahm, um diesem bei Wasser- und Abwasserprojekten „unter die Arme zu greifen“. Seine Partei, Fuerza Social, schloss ihn daraufhin aus.
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