Sollten sich die Berichte des US-Botschafters in Peru an seine Regierung bestätigen, die über die Enthüllungsplattform Wikileaks von der spanischen Tageszeitung El País veröffentlicht wurden, steht dem peruanischen Militär ein gigantischer Skandal um Drogenschmuggel und Korruption ins Haus. Botschafter Michael McKinley, der sich auf Mitglieder der Armee selbst, sowie auf mehrere Experten aus dem Bereich Drogenschmuggel bezieht, berichtet in einer Nachricht vom 12. März 2009, einige militärische Führungskräfte aus der Montesinos-Zeit würden bis heute am Drogenhandel mit verdienen, eine Schmugglerroute würde gar von ihnen selbst organisiert. Vladimiro Montesinos, für die Bekämpfung bestimmter, zugunsten der Förderung anderer Drogenschmuggler bekannt, war Berater des peruanischen Ex-Diktators Alberto Fujimori.
Ausdrücklich genannt wird der ehemalige Armee-Chef Edwin Donayre, der offiziell wegen chilefeindlicher Äusserungen zurücktreten musste. So wird von einem Militärangehörigen berichtet, der dem Botschafter von einem Zusammentreffen Donayres mit dem damaligen Vorsitzenden der Fischervereinigung Piura, Roland Velasco, erzählte, in dem es offiziell um Themen der Fischerei ging, obwohl bereits zuvor alle entsprechenden Treffen und Verträge abgeschlossen und unterzeichnet gewesen sein sollen. Nach Angaben des Informanten ging es vielmehr darum, den Schmuggel von unter Fischen versteckten Drogenladungen zu koordinieren. Velasco wurde 2007 festgenommen, als er versuchte, unter einer Ladung gefrorenen Fisches 840 Kilogramm Kokain zu schmuggeln. Auch an anderer Stelle kommt Donayre schlecht weg: So wird in McKinleys Schreiben gemutmaßt, er sei in die Veruntreuung großer Mengen Treibstoff verwickelt, ebenso wie sein Vorgänger César Reynoso, der aus diesem Grund zurücktreten musste.
Noch mehr Sprengstoff bietet wohl die Einschätzung, die peruanische Militärführung habe den Erfolg militärischer Operationen in den zentralen Drogenproduktionsgebieten – insbesondere im Tal der Flüsse Apurímac und Éne (VRAE) – aufgebauscht. Einzelne Mitglieder hätten sogar kein Interesse an großen Fortschritten im Kampf gegen den Drogenhandel da sie dort, im VRAE, im großen Stil daran mitverdienen würden. Eher würden einzelne Operationen gegen Terrorzellen des „leuchtenden Pfades“ als Großoffensiven gegen Terroristen und Drogenproduzenten dargestellt, um dem politischen Druck etwas zu entgehen.
Als weiteren Beleg für die Kooperation zwischen einzelnen Drogenbaronen und peruanischen Militärs gibt die Depesche eine „geheime“ Start- und Landebahn für Drogenflieger im VRAE an, die sich nach Berichten der Tageszeitung „La República“ in Sichtweite einer Militärbasis befindet. Als 2007 ein mutmaßlich mit Drogen beladenes Flugzeug bei einem Startversuch verunglückte, soll es von Militärangehörigen zerlegt und in einem Fluss versenkt worden sein. Als die Polizei wenig später einige Teile barg, erklärte die Armeeführung es sei das erste Flugzeug gewesen, das man bemerkt habe. Eine Quelle der US-Botschaft in Lima dagegen ging davon aus, dass das Militär selbst Erbauer der Startbahn war.