Skurrile Auftritte sind eine Art Markenzeichen der peruanischen Volksmusikindustrie. Nun aber haben sich drei zusammengetan, um das Wort „skurril“ neu zu definieren: Die Youtube-Stars Wendy Sulca, Tigresa del Oriente und Delfín hasta el fín. Ihre Videos wurden auf der Videoplattform millionenfach angeklickt, große Plattenfirmen nahmen sie dafür unter Vertrag. Ihre gemeinsame Produktion „En tus tierras bailare“ besingt die Schönheit Israels – ein Land, das bislang keiner der drei bislang persönlich kennt – ist ein Kassenschlager, gerade erst ging eine mehrwöchige Konzerttour durch Argentinien, Chile und Uruguay zu Ende. Und in Peru, einem Land, das wegen seiner ausgeprägten Musikpiraterie von der Plattenindustrie gefürchtet wird, weiß man nicht so recht, was man von diesem Erfolg halten soll.
Denn Erfolg haben die drei, das zeigen nicht zuletzt Parodien im peruanischen, spanischen und mexikanischen Fernsehen. Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen?
Wendy Sulca: Bier und Milch vom Wundermädchen
Die 14jährige Wendy Sulca, von ihrer Managerin und Mutter als „Wunderkind der Folklore“ dargestellt, verdankt ihren Erfolg einem Youtube-Video, in dem sie -mit sieben Jahren- davon singt, wie sie in einer Spelunke mit viel Bier Liebeskummer und Sorgen ertränken will. Als gern gesehener Gast in diversen peruanischen Talk- und Unterhaltungsshows in Rundfunk und Fernsehen hat sie sich eine große Fangemeinde aufgebaut und singt jetzt nicht mehr in den kleinen, dunklen Clubs, in der ihr verstorbener Vater die ersten Auftritte organisiert hatte, sondern auf den ganz großen Bühnen. Die argentinische Ausgabe des RollingStone-Magazins, das ein ganzes Interview mit Wendy Sulca veröffentlichte, bezeichnete sie als die „kitschigste Datenverkehrsproduktionsmaschine“ überhaupt – nicht ganz zu unrecht, wie ein Blick auf ihre ganz in rosa und weiß gehaltene Internetseite zeigt.
La Tigresa del Oriente: den Scharfschützen abgeschossen
Auch sie, gelernte Kosmetikerin und Haarstylistin mit dem bürgerlichem Namen Judith Bustos, ist ein Youtube-Star, ihr Video „Nuevo Amanecer“ wurde über 2 Millionen Mal angesehen. Zur Legende wurde ihr Auftritt 2007 im Programm des populären Fernsehtalkers Jaime Bayly alias „el francotirador“ („der Scharfschütze“) der sie nicht für voll nahm, als die „Tigresa“ ihm eröffnete, Warner Music habe sie unter Vertrag genommen. Wenig später wurde er eines besseren belehrt. Angeblich wollte Bustos bereits in ihrer Jugend Sängerin werden. Diesen Traum hat sie sich nun, mit 56 Jahren, erfüllt. Insbesondere wegen ihrer Art zu singen und zu tanzen – die Meinungen darüber gehen von „talentlos“ bis „exotisch“ – polarisiert die Künstlerin, die für gewöhnlich in Tiger- oder Schlangenkostümen mit Löwenmähne auftritt.
Delfin „hasta el fín“ Quishpe: Andine Techno-Folklore aus Ecuador
Der dritte im Bunde ist Ecuatorianer und mit seinem Lied „torres gemelas“ über die Terroranschläge auf das WTC am 11. September 2001 weltberühmt geworden, dessen Video bei Youtube mehr als 6 Millionen Zugriffe verzeichnete. Es erzählt die wahre Geschichte eines Freundes Quishpes, dessen Verlobte bei den Anschlägen ihr Leben verlor. Der Sänger selbst bekam von seinem Internet-Ruhm zunächst gar nichts mit, seine eigene Plattenfirma wohl auch nicht, ein Internetnutzer hatte ohne ihr zutun das Video eingestellt. Inzwischen ist auch Delfín – nach anfänglichen Anfeindungen wegen seiner Kombination aus traurigen Bildern und Tanzmusik – in ganz Lateinamerika bekannt und unterwegs.
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