Neben dem neuen Präsidenten und den Kongressabgeordneten werden am kommenden Sonntag auch die peruanischen Abgeordneten für das Andenparlament – eine Einrichtung der EU-ähnlichen Andengemeinschaft (CAN) – gewählt. Leider kennt kaum jemand die Kandidaten und mit dem Wissen um die Aufgaben und Kompetenzen des Andenparlaments sieht es ganz ähnlich aus. Einzig das Gehalt der Abgeordneten erregt hin und wieder aufsehen.
So ist der Vorschlag, der heute von diversen peruanischen noch-Kongressabgeordneten in verschiedenen Nachrichtensendungen verbreitet wurde, nicht weiter verwunderlich. Der Kongressabgeordnete Víctor Andrés García Belaunde (Acción Popular) kündigte an, kommende Woche ein Gesetzesprojekt vorzulegen, um die Abgeordneten für das Andenparlament in Zukunft nicht mehr direkt vom Volke, sondern vom Parlament aus den eigenen Reihen, wählen zu lassen. Manche Länder der Andengemeinschaft handeln genauso, allerdings nur, weil sie die Modifizierungen das Cartagena-Abkommen, das die Grundlage für die heutige Andengemeinschaft bildet, noch immer nicht umgesetzt haben. Ganz falsch ist der Vorschlag mit der Entsendung von Abgeordneten insofern nicht, dass die Funktion des Andenparlamentes bis heute vor allem darin besteht, gemeinsame politische Ziele zwischen den einzelnen CAN-Staaten zu koordinieren (Koheränz). Er greift aber zu kurz, da die derzeitige Rolle des Andenparlamentes nicht die ist, die es eigentlich haben sollte. So kann das Parlament bislang keine Entscheidungen treffen, sondern lediglich Empfehlungen zu Themen aussprechen, die vom CAN-Generalsekretariat oder den Mitgliedsstaaten auf die Tagesordnung gesetzt wurden.
Fehlende Sachkenntnis bewies dann auch der Vorsitzende der Justizkommission des peruanischen Parlamentes, Rolando Sousa, der forderte, die peruanischen Abgeordneten des Andenparlamentes sollten Abgesandte des Außenministeriums sein. Denn mit dem Rat der Außenminister, verfügt die Andengemeinschaft bereits über ein Gremium von Außenministern und deren Abgesandten.
Dabei wird die Wichtigkeit der Andengemeinschaft für den Alltag häufig unterschätzt. Denn dank ihr können hunderttausende Migranten in Kolumbien, Bolivien, Ecuador und – auch wenn das Land kein volles Mitglied ist – teilweise auch in Chile legal arbeiten und sich sozial absichern. Besonders Bewohner von Grenzregionen profitieren, denn dank des vereinfachten Personenverkehrs innerhalb der CAN reicht ein Personalausweis, um in ein Nachbarland zu reisen. Dazu werden Stück um Stück Grenzkontrollen zusammengelegt, so dass nur noch einmal kontrolliert wird. Auch Waren können einfacher transportiert werden. Und bei vielen grenzüberschreitenden Sozial- und Umweltprojekten wissen nicht einmal die begünstigten, dass dahinter die Andengemeinschaft steckt. Mit dem Andengerichtshof haben „Andenbürger“ die Möglichkeit, die Einhaltung der Menschenrechte im Heimatland auch dann einzuklagen, wenn die nationale Justiz entsprechende Vergehen nicht ahndet.
Lauter Gründe also, warum denjenigen, die diesen Sonntag zur Wahl gehen, aber auch Kongressabgeordneten wie Rolando Sousa oder Víctor Andrés García Belaúnde, das Andenparlament am Herzen liegen sollte. Denn auch wenn es in den kommenden Jahren vermutlich wieder an Wichtigkeit verliert, wird es als Vorbild für das Parlament der Union südamerikanischer Nationen (UNASUR) die künftige Entwicklung Südamerikas entscheidend mitprägen. Damit könnten die fünf peruanischen Andenparlamentsabgeordneten mehr Einfluss erlangen, als viele der zukünftigen Hinterbänkler im peruanischen Kongress, die in diesen Tagen vor der Wahl die Schlagzeilen füllen.
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