Überrascht wurde keiner von dem gestrigen Wahlergebnis, dennoch sind viele Beobachter sprachlos. Wenn sich die Meinungsforschungsinstitute nicht verzählt haben, werden der ehemalige Militär Ollanta Humala und die Tochter des Diktators Alberto Fujimori am kommenden 5. Juni in der Stichwahl gegeneinander antreten. Beides sind Kandidaten, deren demokratische Grundeinstellung wiederholt und kaum widersprochen in Zweifel gezogen wurde. Ollanta Humala wollte vor der Wahl nicht ausschließen, Verfassungsänderungen anzustreben, seine Gegner werden nicht müde, darin lautstark einen ersten Schritt auf dem Weg zur venezolanisierung Perus zu vermuten. Vor allem aber ängstigen sich seine Kontrahenten, Humala könnte mit seinem Konzept der Nationalisierung der Schlüsselindustrien den extrem liberalen wirtschaftspolitischen Kurs Perus ändern. Keiko Fujimori dagegen schloss zwar einen weiteren Putsch aus, wie ihn ihr Vater durchgeführt hatte, abgenommen hat ihr das aber niemand. Insbesondere, nachdem sie den Putsch wiederholt öffentlich gerechtfertigt hatte. Mit dem rechten Hardliner Rafael Rey als Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten an ihrer Seite zweifelt auch kaum jemand daran, dass mit Fujimori ein erneutes Amnestiegesetz für wegen Menschenrechtsverletzungen verurteilte Militärs zu erwarten ist.
Mit dem (sehr wahrscheinlichen) Sieg dieser beiden Kandiaten ist nun der Gau für all diejenigen eingetreten, die sich eine Konsolidierung des wirtschaftlichen und politischen Systems Perus erhofft hatten. Alle – selbsternannten – Kandidaten der „Mitte“, Alejandro Toledo, Pedro Pablo Kuczynski und Luis Castañeda sind aus dem Rennen. Und das nicht ganz unverschuldet. Da alle drei auf die Unterstützung von Gruppierungen aus allen politischen Richtungen angewiesen waren und sehr breite Alianzen schmieden mussten, boten sie Programme, die nur schwer auseinanderzuhalten waren und mit den Worten „weiter so, aber den Reichtum etwas besser verteilen“ zusammengefasst werden könnten. Alle drei gerierten sich in den letzten Tagen des Wahlkampfes als „Retter der Demokratie“ und riefen sich gegenseitig auf, die Kandidatur zum Wohle der Demokratie zurückzunehmen. Dass es am Ende zu keiner Einigung dieser „Retter“ kam, war wohl letztendlich für das jetzt vorliegende Ergebnis entscheidend.
Die sehr schwere Aufgabe der beiden verbleibenden Kandidaten wird in den kommenden Tagen sein, die ehemaligen Gegner davon zu überzeugen, sie zu unterstützen. Dafür werden einige Ladungen Kreide notwendig sein, um sich vom „Feind“ zum „Retter“ der Demokratie aufzuschwingen. Dabei werden sich dann wohl auch die Bündnisse bilden, die künftig den peruanischen Kongress dominieren. Nach den aktuellen Hochrechnungen bilden dort künftig die Bündnisse von Ollanta Humala, Gana Peru und Keiko Fujimori, Fuerza 2011, die größten Fraktionen, sind allerdings weit von einer Mehrheit entfernt. So ist es kaum überraschend, dass Keiko und Humala bereits angekündigt haben, den anderen Gruppierungen inhaltlich entgegen zu kommen. Damit wird die Wahl nach der Wahl erst richtig spannend. Über die größten Überraschungen wird INFOAMAZONAS Sie auf dem laufenden halten.
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