Nach ihrer Einigung mit der peruanischen Regierung haben Bewohnerinnen und Bewohner – insbesondere Aymara – im Süden der südperuanischen Region Puno nach mehreren Wochen ihre Proteste beendet. Am vergangenen Freitag hatten Abgesandte der Demonstranten durch Verhandlungen mit Regierungsvertretern die Rücknahme eines Regierungsdekretes erreicht, das einem kanadischen Unternehmen den Bergbau in einer Region gestattete, in der in der Vergangenheit durch wilden Bergbau ökologische Schäden angerichtet worden waren. Dies war eine der Hauptforderungen gewesen. Die entsprechende Verordnung wurde noch am Samstag im peruanischen Gesetzblatt veröffentlicht. Daneben wollten sie durchsetzen, dass im Süden der Region Puno keine Bergbaukonzessionen mehr vergeben werden. Mit dieser Forderung waren sie zwar nicht erfolgreich, allerdings versprach das Energie- und Bergbauministerium künftig vor der Vergabe von Förderlizenzen vor Ort ein Konsultationsverfahren durchzuführen.
Überschattet wurden die Verhandlungen von schweren Zusammenstößen in und um Juliaca (Puno). Dort war der örtliche Flughafen besetzt worden. Mehrere Fahrzeuge, Flugsicherheitseinrichtungen und Büros wurden zerstört und angezündet. Beim Versuch der Polizei, den Flughafen mit Tränengas und Warnschüssen zu räumen, wurden mindestens fünf Personen getötet.
„Juliacazo“ – blutiges Erbe der García-Regierung?
Die peruanische Tageszeitung „Peru21“ betitelte die Vorgänge bereits am Samstag als „Juliacazo“ und stellte sie damit in eine Reihe mit anderen ähnlichen Situationen der Regierung des peruanischen noch-Präsidenten Alan García, insbesondere dem „Baguazo“. Damals kamen bei der gewaltsamen Räumung einer Straßenblockade indigener, die gegen ein Regierungsdekret demonstrierten, mehr als 30 Menschen ums Leben. Die Parallelen sind unübersehbar: Die peruanische Regierung versuchte in beiden Fällen, per Dekret das Parlament zu umgehen und traf Beschlüsse, die die lokale, indigene Bevölkerung direkt betrafen. Der Dialog wurde erst spät gesucht und als er dann gesucht wurde, war es nicht nur viel zu spät, sondern auch unklar, wer denn eigentlich die legitime Ansprechpartner sind. Diese Versäumnisse, die dann manchmal – das war in Bagua so und aus Puno wird ähnliches gemunkelt – von lokalen, bis dahin weitgehend unbekannten Anführern, Fernseh- oder Radiosprechern genutzt wurden, um bekannt zu werden, in dem sie zu schärferen Protesten aufstacheln, führten auch jetzt wieder dazu, dass eine improvisierte Polizeiaktion zur Räumung der blockierten Infrasturktureinrichtung angeordnet wurde, die im Chaos mit Toten und Verletzten endete. Wie auch in Bagua vermutet Präsident García dahinter dann „dunkle Kräfte“, wie in Bagua steckt darin möglicherweise ein Körnchen Wahrheit, mehr aber auch nicht. Und noch eine Parallele haben der Baguazo und der Juliacazo: Hört man zum Thema zunächst die Lokalnachrichten aus Puno und dann die Nachrichten aus Lima, denkt man, es würde über unterschiedliche Ereignisse berichtet.
Der gewählte Präsident Ollanta Humala wird sich gut überlegen müssen, wie soziale Konflikte künftig friedlich gelöst werden können. Und die außerparlamentarische Opposition Perus muss sich gut überlegen, ob sich ihre Ziele nicht auch weniger radikal erreichen lassen.