„Camarada Artemio“, Anführer der Huallaga-Fraktion der Terrororganisation Sendero Luminoso sieht den eigenen Kampf als verloren an. Wie „Artemio“, der als seinen bürgerlichen Namen José ‘Pepe’ Flores Hala angibt, obwohl er als „Florindo Eleuterio“ geboren worden war, gegenüber vier ausgewählten Journalisten im Huallaga-Tal erklärte, hat seine Gruppierung deshalb bereits mehrfach angeboten, den Kampf im Falle einer Amnestie für Sendero-Mitglieder aufzugeben. Dafür sei aber zunächst ein Waffenstillstand nötig, so „Artemio“ gegenüber Gustavo Gorriti y Romina Mella von der investigativjournalistischen Internetplattform IDL-Reporteros. Im weiteren Verlauf des Interviews erklärte er, es habe in der Vergangenheit zahlreiche Kontakte mit verschiedenen peruanischen Regierungen gegeben, um eine politische Lösung für seine Gruppierung zu finden. So erklärte „Artemio“ im Verlauf des Interviews, wie er über Mittelsmänner an Präsident Ollanta Humala geschrieben und bereits 2001 unter Vermittlung des damaligen Bischofs von Chimbote, Luis Bambarén, Kontakt zur Regierung von Alejandro Toledo gehabt habe. Bambarén bestätigte diese Angaben inzwischen. Der Kontakt sei dann aber abgebrochen, als die Regierung Toledo forderte, die Waffen niederzulegen und sich – gegen Hafterleichterungen – zu ergeben. Die Huallaga-Fraktion des Sendero Luminoso forderte vielmehr eine Amnestie und eine Möglichkeit, sich in eine politische Partei umzuwandeln.
Während „Artemio“ den vier Journalisten offen Frage und Antwort steht, war die Situation während der Verhandlungen durch Bischof Bambarén wohl um einiges komplizierter. Er habe nach jedem Gespräch auch zu „Presidente Gonzalo“ (Sendero-Name von Sendero-Gründer Abimael Gúzman) in das Marine-Gefängnis in Callao gehen müssen, um dessen Meinung einzuholen und damit wieder in das Huallaga-Tal zurückzukehren, so Bambarén. Gleichzeitig habe man aber bereits sehr konkrete Pläne ausgearbeitet gehabt. So sollen bereits Finanzierungszusagen für Projekte zur landwirtschaftlichen Entwicklung des Huallaga-Tals durch italienische und französische Hilfsorganisationen vorgelegen haben.
Weiter berichtet Artemio in dem Interview, ein Vertreter der Regierung Toledo habe ihm angeboten, ihm einen Teil der auf ihn ausgesetzten Belohnung auszuzahlen und ihn und seine Familie ins Ausland zu bringen, wenn er sich ergebe. Er habe „selbstverständlich“ abgelehnt. Zuletzt, erklärt der Terrorführer, habe er über Mittelsmänner mehrere Botschaften an Präsident Humala geschickt. Dieser bestehe aber ebenfalls darauf, dass er und seine Kämpfer sich ergeben.
Sendero Luminoso war Auslöser des internen Konfliktes in Peru, der nach Schätzungen der Wahrheits- und Versöhnungskommission (CVR) in mehr als 20 Jahren 69.280 Menschen das Leben kostete. Für fast die Hälfte der Todesfälle macht die Kommission Sendero Luminoso verantwortlich, für rund 30% staatliche Geheimdienste, Polizeien und das Militär. Für 24% der Todesopfer (also rund 16.600 Personen) sieht die CVR die Verantwortung bei Bürgerwehren, Paramilitärs und anderen Terrororganisationen.
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