Dass seine politisch in seltsamen Kreisen aktive Großfamilie dem peruanischen Präsidenten Ollanta Humala eines Tages zu schaffen machen würde, war bereits vor dessen Wahl klar. Nun könnte ihn die Verlegung seines inhaftierten Bruders Antauro Humala in ein anderes Gefängnis den Präsidenten einige Sympathiepunkte kosten. Denn: Dieser war angeblich aus Sicherheitsgründen aus dem „Piedras Gordas“-Gefängnis in das erst kürzlich eröffnete „Virgen del Carmen“-Gefängnis verlegt worden – wo er offensichtlich einige Privilegien besitzt. So wurden mehrere Interviews publik, die Antauro Humala offensichtlich per Telefon gegeben hatte. In seiner Zelle beschlagnahmten Mitarbeiter der Gefängnisbehörde INPE dann ein hochpreisiges Smartphone, auf dem sich neben zahlreichen Fotos auch E-Mails von zahlreichen Personen des öffentlichen Lebens fanden, sogar von Mitarbeitern des peruanischen Kongresses.
Antaúro Humala sitzt eigentlich eine 19jährige Haftstrafe für den sogennanten Fall „Andahuaylazo“ ab. Im Januar 2005 hatte er mit einer Gruppe ehemaliger Soldaten in Andahuaylas eine Polizeistation überfallen, wobei 4 Polizisten getötet wurden. Er wollte damit den damaligen demokratisch gewählten Präsidenten Alejandro Toledo stürzen. Nach Angaben von Perus Justizminister Juan Jiménez Mayor hängt die Verlegung des Häftlings allerdings mit „Geheimdienstberichten“ zusammen, in denen es um die versuchte Erpressung von Präsident Humala geht. Im Gefängnis „Virgen del Carmen“ sei Antaúro Humala allerdings -wenn auch besser bewacht – ein Gefangener wie jeder andere und die Präsenz des Smartphone auf Korruption innerhalb des Gefängnisses zurückzuführen, so Justizminister Jiménez Mayor. Zudem versprach er, in dem Gefängnis einen Störsender anbringen zu lassen, der Handygespräche unmöglich machen soll.
Ollantas schwierige Brüder
Nicht nur Antaúro Humala hat Präsident Ollanta Humala in der Vergangenheit Ärger gemacht – und diesen fast um seine Wahl gebracht, fiel es ihm doch schwer, sich glaubhaft von dessen Putschversuch zu distanzieren. Auch der kleine Bruder des Präsidenten, Alexis Humala, sorgte wiederholt für Schlagzeilen. Er war beispielsweise noch vor dem Amtsantritt Ollantas nach Russland gereist, um ohne klares Mandat an Verhandlungen für ein Fischereiabkommen teilzunehmen. Am Rande der Verhandlungen traf Alexis Humala auch mit dem russischen Außenminister, sowie der Gazprom-Spitze zusammen. Alexis Humala, Mitbegründer des Parteienbündnisses „Gana Perú“ (GP), das Ollanta Humala an die Macht brachte, wurde darauf hin von all seinen Parteiämtern suspendiert.
Zusätzlichen Konfliktstoff bot nun die Erklärung des Präsidentenvaters Isaac Humala. Der Jurist und Mitbegründer des „Ethnocacerismus“, einer in den Worten des GP-Abgeordneten Fredy Otárola „rassistischen und antidemokratischen Bewegung“, der auch Antaúro Humala angehört, erklärte wiederholt, es sei ein „Naturgesetz“, dass Ollanta Humala bessere Haftbedingungen für seinen Bruder durchsetze. Der Frage, ob Präsident Humala seinen Bruder nicht begnadigen solle, wich Isaac Humala aus. Der Präsident selbst äußerte sich bislang zu diesem Thema nicht – und rief damit weitere Kritik hervor. Elena Tasso, die Mutter des Präsidenten, erklärte dagegen, man werde keine Begnadigung beantragen. Vielmehr müssten die Richter ihren Irrtum einsehen und Antaúro auf freien Fuß setzen, der, so Elena Tasso, „unschuldig“ als „politischer Gefangener“ festgehalten werde.
Überhaupt ist der Einfluss der Großfamilie um Präsident Humala sehr komplex. So ebben auch die Gerüchte um eine mögliche Kandidatur seiner Frau Nadine Heredia bei der Präsidentschaftswahl 2016 nicht ab. Die Politikwissenschaftlerin, wesentlich jünger als ihr Mann, gilt als Strippenzieherin hinter dem Präsidenten – eigentlich Paradox, ist sie doch in der Öffentlichkeit viel präsenter als ihr Mann. Bislang verbietet das peruanische Recht allerdings die direkte Wahl des Ehepartners eines Präsidenten. Dennoch ist es häufig Nadine Heredia, die zuerst auf politische Entwicklungen reagiert, sich mit Premier Óscar Valdés ablichten lässt, wenn Berichte über dessen baldigen Abgang häufiger werden und über den inzwischen abgetretenen Vizepräsidenten Chehade kurz nach dem ersten Vorwurf der Vorteilsnahme im Amt twitterte: „So schwierig ist es also, aufrecht zu gehen“. Die staatliche Nachrichtenagentur „ANDINA“ publiziert täglich mindestens eine Meldung zur aktuellen First Lady, mehrere große Tageszeitungen bezeichneten das Präsidentenpaar als die „peruanischen Kirchners“. Auch Nadines Familie, die Familie Heredia, war maßgeblich an der Gründung des Parteienbündnisses „Gana Perú“ beteiligt – und besetzt bis heute wichtige Positionen.
Familienprobleme bei Perus Präsidenten eher Norm als Ausnahme
Diese Art der familiären Beteiligung in der Politik ist auf allen politischen Ebenen in Peru nicht ungewöhnlich, auch deshalb ist es beispielsweise Bürgermeistern verboten, Verträge mit Familienangehörigen ersten Grades abzuschließen. Dennoch kommt es häufig vor – und führt hin und wieder zu absurden Situationen. So wurde in der Region Amazonas vor wenigen Jahren ein Dorfbürgermeister abgesetzt, weil er für die Schüler des Dorfes ein Buch mit Geschichten und Sagen aus dem Dorf erworben hatte. Es handelte sich zu jener Zeit um das einzige Werk mit Geschichten und Sagen aus diesem Dorf – allerdings war es von seinem Cousin verfasst worden.
Überhaupt ist Ollanta Humala nicht der erste Präsident Perus, der über familiären Konflikten an Popularität verliert. So geschah ähnliches, als bei Vorgängerpräsident Alan García bekannt wurde, dass er ein außereheliches Kind hatte und nicht mehr mit der damaligen First Lady Pilar Nores zusammen wohnte. Oder auch, als dessen Vorgänger Alejandro Toledo nach politischen Attacken die Existenz einer Tochter eingestehen musste, die er zunächst nicht anerkannte und für die er sich weigerte, Unterhalt zu zahlen.
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