Das Modewort der bisherigen Amtszeit des peruanischen Präsidenten Ollanta Humala war zweifelsohne „Confianza“, zu Deutsch: Vertrauen. Bereits seit dem Wahlkampf-Endspurt Anfang vergangenen Jahres bemühte er sich, keinen Schritt zu unterlassen, der auf irgendeine Weise bei irgendwem Vertrauen schaffen könnte.
Für Humala hieß das vor allem, von der Wirtschaft Vertrauen entgegen gebracht zu bekommen. Um dieses Vertrauen zu schaffen wurden internationale Verträge nicht angetastet, Steuern wurden nicht oder nur leicht erhöht, die im Wahlkampf angekündigte „Nationalisierung“ von Unternehmen wurde so ausgelegt, dass sie ohne „Verstaatlichungen“ auskommt. Das brachte ihm Vertrauen bei denen ein, die ihm vor der Wahl misstrauten: Bei Wirtschaftsbossen, bei Investoren, bei Börsianern, bei ausländischen Regierungen und bei neoliberalen Oppositionspolitikern. Die vertrauensbildenden Maßnahmen zahlten sich aus: Der erwartete Abschwung der Wirtschaft blieb aus, Investoren zogen nicht ab und es gibt wohl kaum Gründe für ausländische Regierungen, Ollanta Humala zu misstrauen.
Doch anderswo sieht man offensichtlich das Vertrauen missbraucht und misstraut nun dem Präsidenten. So beispielsweise bei vielen sozialen Bewegungen, denen ein wichtiger Anteil am Wahlsieg Humalas zugeschrieben werden kann. Sie vertrauten dem damaligen Kandidaten der linksnationalistischen Partei PNP, der beispielsweise versprach, sich gegen das in Peru sehr umstrittene Bergbauprojekt „Conga“ einzusetzen, für das er sich heute einsetzt, und aufkommende Konflikte auf dem Weg des Dialoges zu lösen. Zweifelsohne macht die Regierung Ollanta Humalas dabei bessere Arbeit als die seines Vorgängers Alan García. Die über alle Teile Perus verteilten 162 aktiven und 75 latenten sozialen Konflikte zeugen aber davon, dass noch mehr Anstrengungen notwendig sind, um auf dem Weg des Dialoges neues Vertrauen zu schaffen.
Dabei hat die Regierung Humala seit Ende Juli 2011 bereits einige Maßnahmen auf den Weg gebracht, um auch das Vertrauen der marginalisierten Gesellschaftsschichten wieder zu gewinnen. Das Vertrauen der Alten möchte sie über eine Armen-Grundrente, das der jungen über kostenlose KiTas und Stipendiensysteme gewinnen. Das reicht aber offensichtlich nicht mehr aus, und so blieb Ollanta Humala nichts anderes mehr übrig, als Garantien auszusprechen.
Und so garantiert Ollanta Humala hier und da dies und jenes. Im Januar garantierte er, seine Regierung werde die Ärmsten der Armen nicht vergessen und das Geld für das 2007 von einem Erdbeben zerstörte Ica sinnvoll einzusetzen. Im März garantierte er, der Großbrand in einem riesigen Lagerhaus des Bildungsministeriums werde den Schuljahresbeginn nicht in Gefahr bringen, das staatliche Schulfrühstück werde im Schuljahr 2012 ganzjährig verteilt und die Regionen Junín und Ucayali bekämen jede Hilfe, um weitgehende „soziale Inklusion“ zu erreichen. Im April garantierte er die Fortzahlung der Löhne und Gehälter der Metallschmelze La Oroya, die Konkurs anmelden musste, die Menge und Qualität des Wassers in der Region Cajamarca, sowie die Versorgung des peruanischen Marktes mit Erdgas aus dem Camisea-Projekt. Um das Vertrauen bei seinen ursprünglichen Wählern langfristig zurück zu gewinnen, werden diese Garantien aber wohl nicht ausreichen, sie müssten auch umgesetzt werden.
Für Februar hat der Autor trotz Recherche übrigens keine von Präsident Humala gegebenen Garantien gefunden. Dafür eine von Premierminister Oscar Valdés, der garantierte, bis 2016 seien die Täler der Flüsse Apurímac und Éne, kurz VRAE, in denen eine schmutzige Allianz aus Terroristen und Drogenmafias ihr Unwesen treibt, „befriedet“. Wenige Wochen später entführten besagte Terroristen rund 40 Mitarbeiter des Camisea-Gasprojektes, ließen diese – nach offiziellen Angaben ohne Lösegeldzahlung, nach Schätzung von Experten nach Lösegeldzahlungen in Höhe von rund 5 Millionen US-$ – allerdings nach wenigen Tagen wieder frei.
Kurzum: Nach so vielen Garantien wäre es an der Zeit, wieder mal etwas Vertrauen zu schaffen.
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