Der 5. Juni 2009, als bei Zusammenstößen zwischen der Polizei und Indigenen rund um Bagua mindestens 34 Personen starben, war der letzte Tag, an dem der peruanische Polizist Felipe Bazán Soles gesehen wurde. Seither ist er verschwunden und um die Umstände – Bazán war in der Polizei-Vorhut bei der Räumung einer von Indigenen besetzten Fernstraße – ranken sich zahlreiche Legenden. Der Vater des vermissten Polizisten, Felipe Bazán Caballero, hat selbst lange nach seinem Sohn gesucht und Polizei und Politik um Hilfe gebeten. Im vergangenen Jahr hat die Nationalpolizei mehrere Beamte für die Suche abgestellt. Aber wie Radio „La Voz“ berichtete, waren diese häufiger in örtlichen Nachtlokalen anzutreffen, als bei der Suche.
Vor wenigen Tagen nun berichteten peruanische Medien, die Polizei habe eine Tüte mit Knochen gefunden, die „wahrscheinlich“ dem verschollenen Polizisten zuzuordnen seien. Inzwischen ist klar: Es handelte sich um Tierknochen. Mehrere Gerichtsmediziner aus der Hauptstadt Lima hatten die Knochen untersucht, wohl in der Hoffnung, zum dritten Jahrestag das Verschwindens von Felipe Bazán Soles aufgeklärt zu haben.
Verschwunden bei Zusammenstößen zwischen Indígena und der Polizei
Bereits wenige Tage nach dem 5. Juni 2009, an dem Bazán Soles verschwand, veröffentlichten mehrere Zeitungen Fotos, die ihn schwer verletzt im Beisein mehrerer Indígena zeigten. Für die Familie Bazán Soles ein Hoffnungsschimmer. Die Polizei veranlasste die Festnahme aller Personen, die auf dem Foto zu sehen waren. Diese sagten aus, nichts über den Verbleib des Polizisten zu wissen. Einige wurden sogar weiter festgehalten, nachdem Computerexperten bereits festgestellt hatten, dass alle Fotos kräftig am Computer nachbearbeitet worden waren. In den ersten Tagen nach dem Verschwinden durchkämmten Bürgerwehren und wenige Polizisten die Hügel rund um das Straßendorf „Siempre Viva“, das Zentrum der Straßenblockade der Indigenen, die vorwiegend aus der nördlich gelegenen Regenwaldprovinz Condorcanqui, sowie der Nachbarprovinz Bagua gekommen waren. Die Indígena hatten mit ihrer Straßenblockade gegen mehrere Regierungsdekrete protestiert, von deren Wirkung sie fürchteten, ihre Heimat an Holzfäller, Agrar- oder Bergbauunternehmen verlieren. Als in der Nähe von „Siempre Viva“ die ersten Schüsse fielen, wurde möglicherweise auch Felipe Bazán Soles verletzt oder getötet.
Zunächst gab es Gerüchte, Bazán Soles sei als Geisel in den Norden der Region Amazonas verschleppt, gleich verbrannt oder in den Marañón-Fluss geworfen worden. Für keine dieser Behauptungen gab es bislang Belege. Felipe Bazán Caballero, der Vater des vermissten, macht die Indigenen nicht für das Verschwinden seines Sohnes verantwortlich, vielmehr sprach er ihnen mehrfach öffentlich seinen Dank bei der Unterstützung seiner Suche aus. Dennoch vermutete er, dass mehrere Indígena, die sich am 5. Juni 2009 bei „Siempre Viva“ aufhielten, wüssten, was mit seinem Sohn passierte. Für Bazán Caballero haben aber viele der damals beteiligten Angst, in einen der noch laufenden Prozesse, in denen unter Anderem versucht wird die Schuldfrage für die Zusammenstöße zu klären, hineingezogen zu werden.
Formell für Tot erklärt
Erst vor wenigen Tagen war Felipe Bazán Soles von einem Richter in Chiclayo formell für tot erklärt worden. Obwohl die Familie bis zuletzt die Hoffnung nicht aufgegeben hatte, Bazán Soles noch einmal lebend zu sehen, war dies nötig gewesen, um Frau und Kindern den Zugang zur Witwenrente zu ermöglichen. Auch die Familien der anderen 23 toten Polizisten warten bis heute auf die Wohnhäuser, die ihnen 2009 von der damaligen Regierung versprochen worden waren.
Vor wenigen Tagen wurde der dritte Jahrestag des Verschwindens Felipe Bazán Soles‘, sowie der heute als „Baguazo“ bekannten Zusammenstöße zwischen Polizei, Indígena und Anwohnern begangen. Inzwischen wird die Regierung von einer Partei gestellt, die sich damals klar auf die Seite der Indígena gestellt hatte. Gelernt hat der peruanische Staat dennoch bislang wenig: So wird weder ernsthaft nach vermissten oder getöteten Polizisten gesucht, noch werden ernsthafte Versuche unternommen, Konflikte vor dem Ausbruch zu lösen, wie die Beispiele der vermissten Polizisten in La Convención, sowie die Zusammenstöße zwischen Bergbaugegnern und der Polizei in Espinar zeigen.
2009 gestanden die Abgeordneten im peruanischen Kongress übrigens zu, dass die Regierungsdekrete, die den „Baguazo“ ausgelöst hatten, die Rechte der Indígena einschränkte – und kassierte sie sofort wieder ein. Sehr traurig, dass dies nicht vor dem „Baguazo“ erkannt worden war – noch trauriger, dass Anführer mancher sozialer Proteste offenbar daraus den fatalen Schluss gezogen haben, bei Protesten und Streiks bis zum Äußersten gehen zu müssen, um ein Ziel zu erreichen und dabei manchmal offen mit einem „neuen Baguazo“ drohen. Und mindestens ebenso traurig, dass weiterhin zur „Lösung“ von Konflikten zunächst eine große Anzahl von Polizeikräften an den Ort des Konflikts geschickt wird, Polizeikräfte, die häufig nicht hinreichend ausgebildet, schlecht bezahlt und schlecht ausgerüstet sind – so, wie damals Felipe Bazán Soles.