Lima / Peru: Zwei Tote bei Ausschreitungen wegen Großmarkt-Schließung

INFOAMAZONAS Peru-Nachrichten, Neuigkeiten aus PeruViele Händler des limenischen Großmarktes La Parada weigern sich noch immer, in den neuen Großmarkt Lima umzuziehen – als die Hauptstadtverwaltung Lima deshalb die Zufahrtsstraßen blockierte, kam es gestern zu schweren Ausschreitungen und Plünderungen, bei denen zwei junge Männer getötet wurden. Fast 100 Personen mussten mit Verletzungen medizinisch versorgt werden, darunter nach Angaben von Perus Polizeichef Raúl Salazar 66 Polizisten, sowie ein Mitarbeiter des städtischen Ordnungsamtes. Einer der Toten, ein 32jähriger Mann, starb nach Angaben des peruanischen Gesundheitsministeriums durch eine Schussverletzung. Ein Polizeipferd wurde so stark verletzt, dass es eingeschläfert werden musste.

La Parada: Händler wollen nicht umziehen

Die von Bürgermeisterin Susana Villarán geführte Stadtverwaltung möchte das Aus von La Parada, weil der Zugang für große Lastwagen schwierig, die hygienischen Verhältnisse kritisch und der Brandschutz mangelhaft ist, und auf dem Gelände einen öffentlichen Park errichten. Das Problem dabei: Neben den Großhändlern, die in La Parada im für seine informelle Geschäftstüchtigkeit berühmten und berüchtigten Stadtteil La Victoria weiter ihrer Arbeit nachgehen, gibt es auch zahlreiche, die nicht in großem Stil, sondern für den Hausgebrauch verkaufen. Auch sie wehren sich gegen die Umsiedlung, hat ihre Präsenz doch „La Parada“ zu einem beliebten Einkaufsziel für Normalverbraucher gemacht. Für Villarán, die als Menschenrechtlerin für eine linke Partei gewählt worden war und sich stets den Dialog auf die Fahnen geschrieben hatte, eine schwierige Situation.

Zufahrtsstraßen mit Betonblöcken versperrt

Dabei verliefen die Proteste offenbar zunächst friedlich. So spricht die Polizei dann auch trotz mehrerer tausdend Demonstranten von lediglich 21 Gewalttätern, die inzwischen identifiziert und festgenommen worden seien. Bei den Gegnern der La Parada-Verlegung kam das nicht so an, sie sprechen von „Einschüchterungsversuchen“ durch die Metropolverwaltung Lima, sowie La Victorias Distriktbürgermeister Alberto Sánchez Aizcorbe. Die Organisation der protestierenden Händler spricht von „Aggression“ von Seiten der Polizei. Diese habe unverhältnismäßig Gummigeschosse und Tränengas eingesetzt, so Organisationsvizepräsident Hermógenes Véliz, der gestern noch öffentlich erklärt hatte, seine Organisation werde ihre Marktstände um jeden Preis verteidigen. Die Polizei, die im Umkreis von 10 Wohnblöcken den Großmarkt die ganze Nacht hindurch abgeriegelt hält, erklärte gestern Abend, es habe keinen Befehl zur Räumung des Marktes gegeben, man habe lediglich die Aufstellung großer Betonblöcke auf den Straßen rund um La Parada absichern wollen. Mit diesen Betonblöcken möchte die Metropolverwaltung verhindern, dass die Marktstände weiter per Lastwagen beliefert werden können. Ein Sprecher von Bürgermeisterin Villarán erklärte, bei den Gewalttätern hätte es sich nicht um Händler von La Parada gehandelt, sondern um „kriminelle“. Von der Bürgermeisterin selbst gab es bislang keine Stellungnahme, sie halte sich „aus privaten Gründen“ außerhalb der Hauptstadt auf, ließ sie verlautbaren.

Plünderungen in Gamarra

In Folge der Zusammenstöße kam es offenbar zu Plünderungen in angrenzenden Vierteln und Märkten. Betroffen war insbesondere das Textilviertel Gamarra, nachdem dort tätige Polizisten zur Unterstützung ihrer Kollegen abgezogen worden waren. Inzwischen ist die Lage nach Berichten peruanischer Medien wieder unter Kontrolle.

Schwarzer Tag für Limas Bürgermeisterin

Dabei war der gestrige Tag für Limas Bürgermeisterin sowieso schon ein schwieriger. Am Vormittag war es den Initiatoren eines Abwahlreferendums gelungen, die für ein solches notwendigen 400.000 Unterschriften von Wahlberechtigten zu erreichen. Ob und wann es zu einem Abwahlreferendum kommt, ist bislang aber noch unklar.

NACHTRAG: Ruhe kehrt zurück

Nach einer Nacht angespannter Stille kehrt nach peruanischen Medienberichten auf dem Großmarkt wieder etwas wie Normalität ein. Obwohl die Polizei noch immer sehr präsent ist, haben die meisten Marktstände geöffnet – und ausreichend Produkte zum handeln. Der Nachrichtensender RPP berichtet von mehreren Lastwagen, die heute in den frühen Morgenstunden (Ortszeit) Lebensmittel geliefert haben sollen.

NACHTRAG: Bürgermeisterin Villarán übernimmt Verantwortung

In einem ersten Statement gegenüber der Presse hat Limas Bürgermeisterin Susana Villarán die Verantwortung für das Aufstellen der Betonbarrieren übernommen, die zu den Auseinandersetzungen geführt hatten. „Ich bin die Verantwortliche, die Person, die entschieden hat, was zu tun ist, La Parada ist kein Großmarkt mehr“, so Villarán.

NACHTRAG: Trauriges Twitter

Während in Lima über Lösungen nachgedacht wird, beschäftigen sich die Nutzer der Plattform Twitter vor allem mit dem Schicksal des Polizeipferdes.

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