Per Dekret hat Ende Oktober die peruanische Regierung verfügt, Polizei und Streitkräften im Falle eines Ausnahmezustandes zu ermöglichen Waffen und andere Objekte zu kaufen, ohne öffentlich darüber Rechenschaft ablegen zu müssen. Mehrere Abgeordnete der Opposition kritisieren den Vorgang heftig. Bereits seit 2001 sind entsprechende Regelungen in Kraft – die Liste kaufbarer Güter wurde nun aber stark erweitert und enthält beispielsweise Medikamente, Baumaterialien und Fahrzeuge.
Während der Fujimori-Regierung in den 90er Jahren wurden viele Käufe des Verteidigungministeriums ebenfalls geheim abgewickelt, eine Modalität, die überbordender Korruption Tür und Tor öffnete und sich weitgehend der Kontrolle entzog. Daran erinnerten nun die Kritiker des Dekretes*, von dem offenbar bereits Gebrauch gemacht wurde. So gestand Verteidigungsminister Pedro Cateriano ein, den Bau und die Einrichtung zahlreicher neuer Polizei- und Militärstützpunkte in den als „VRAEM“ bekannten Tälern der Flüsse Apurímac, Éne und Mantaro „geheim“ abgewickelt zu haben. Die VRAEM gelten als Rückzugsort von Terroristen des Leuchtenden Pfades (Sendero Luminoso) und der Drogen-Mafia, sowie als eines der zentralen peruanischen Coca-Anbaugebiete. Das Vorgehen war dabei von dem Dekret gedeckt: In den VRAEM gilt seit einem Jahr der Ausnahmezustand, die vorhandenen Polizeiposten sind schlecht ausgestattet und deshalb oft selbst Opfer von Terror-Attacken. Zudem könnte das Wissen über die gekauften Güter einen Rückschluss auf Taktik und Umfang der Planungen erlauben – ein weiteres Kriterium des Regierungsdekretes.
García Belaúnde: Dekret ein „Desaster“
Der limenische Kongressabgeordnete für die Acción Popular-Partei Víctor Andrés García Belaúnde nennt das Dekret ein Desaster. „Ich bin schwer enttäuscht von der Entscheidung, bei Geheimkäufen ist keine Kontrolle möglich“, so García Belaúnde gegenüber RPP Noticias. Luis Iberico Núñez, für die oppositionelle Alianza Para el Gran Cambio im Kongress und Vizepräsident der Verteidigungskommission, warnte Verteidigungsminister Cateriano davor, einen großen „Fehler“ zu machen. Diese Art von Kaufoperationen sollten sehr transparent gehandhabt werden, so Iberico Núñez. Der APRA-Abgeordnete und Politikveteran Mauricio Mulder forderte Cateriano auf, mit seinem Amt dafür zu garantieren, dass es keine Korruption und kein Schmiergeld gebe. Kritik wurde aber auch an dem erweiterten Einkaufskatalog geübt, insbesondere an der Möglichkeit, Fahrzeuge, Essensrationen, Flugzeuge und Medikamente zu erwerben.
Rechnungshof prüft vorab
Ganz ohne Kontrolle dürfen Innen- und Verteidigungsministerium allerdings selbst im Ausnahmezustand nicht auf Einkaufstour gehen. So muss der Rechnungshof zuvor alle geplanten geheim-Käufe abnicken. Die Institution hat sich in der jüngeren Vergangenheit einen Ruf als Korruptionsbekämpfer erarbeitet. Verteidigungsminister Cateriano kündigte zudem an, es gebe derzeit keine Pläne, Medikamente oder Essen zu kaufen. Für die Zukunft schloss er es allerdings nicht aus.
Häufig Korruption bei Käufen von Militär und Polizei
Die Kritik wäre wohl wesentlich weniger hart ausgefallen, gäbe es in Peru nicht eine lange Geschichte ausgeprägter Korruption bei Käufen für Militär und Polizei. In den vergangenen Jahren mussten dutzende Ausschreibungen annuliert und Ausschreibungsgewinner disqualifiziert werden, weil Korruption und Vetternwirtschaft nachgewiesen werden konnte. Betroffen war beispielsweise der geplante Kauf von Polizeiautos, Polizeiuniformen, Armeetransportern, koreanischen Flugzeugen und der Reparatur russischer Kampfhubschrauber.
Kritik aus Chile
Auch in Perus südlichem Nachbarland Chile stieß das Dekret auf Ablehnung. Für den Vorsitzenden des Ausschusses für Außenpolitik im chilenischen Parlament, Jorge Tarud, bereitet sich Peru damit auf ein für das Land negatives Urteil des internationalen Gerichtshofes in Den Hag vor. Dort wird derzeit über den Verlauf der Seegrenze zwischen Peru und Chile verhandelt – ein Thema, das in beiden Ländern regelmäßig die Gemüter erhitzt. Auch Chile ist nicht gerade ein Beispiel für Transparenz bei Rüstungsausgaben. Allerdings ist Peru das Land, das sich seit Jahren für Transparenz und Kontrolle im militärischen Bereich einsetzt. Kritik wurde in Chile vor allem daran geübt, dass das Dekret auch Geheimhaltung beim Bau von Militäranlagen in Grenzgebieten ermöglicht. Verbalkonflikte dieser Art sind zwischen den beiden Nachbarländern allerdings – trotz inzwischen enger wirtschaftlicher Bindung – sehr häufig.
*Es handelt sich um das Decreto Supremo N° 205-2012-EF, das von Verteidigungsminister Cateriano, Innenminister Pedraza, Wirtschafts- und Finanzminister Castilla, Premier Juan Jiménez, sowie Präsident Humala unterzeichnet wurde.