Wenn der peruanische Zivilschutz einmal im Jahr eine landesweite Erdbeben- und Tsunami-Übung durchführt, kommt für wenige Stunden das ganze Land zum Stehen. Und das ist gut so: Vor der peruanischen Küste schiebt sich die sogenannte Nazca-Platte unter die südamerikanische Platte – ein Vorgang, der nicht nur das Andengebirge auftürmt, sondern auch dafür sorgt, dass die Erde immer wieder bebt. Nach Angaben des peruanischen Institutes für Geophysik (IGP) ist das keine Seltenheit: Allein in den ersten 11 Monaten diesen Jahres verzeichneten die Erdbebenforscher 189 kleinere und größere Erdbeben – der Erdbebenreichste Monat war bislang der Juli mit indsgesamt 25 Stück. Der November setzt aber gerade an, den Juli zu überholen: In der Hauptstadt Lima passieren Erdbeben derzeit im Tagestakt.
Obwohl keine Region des Landes von dem Phänomen ausgenommen ist, sind manche Orte stärker betroffen als andere. So wurden in diesem Jahr allein in der Region um die Hauptstadt Lima 39 Erdbeben gemessen, gefolgt von der Region Ica mit 32 Stück, der Region also, in der Mitte 2007 ein Erdbeben der Stärke 7,9 auf der Richterskala große Zerstörung anrichtete. 91.240 Familien verloren damals ihr Obdach, 597 Menschen wurden getötet. Die Schäden, die das Beben anrichtete, sind bis heute nur teilweise repariert. Auch in diesem Jahr wurde Ica wieder von einem relativ starken Beben heimgesucht, am 30. Januar erschütterte ein Erdbeben der Stärke 6,3 auf der Richterskala die Region. Glücklicherweise lag das Epizentrum nahe Chincha in großer Tiefe – der Schaden hielt sich in Grenzen.
IGP warnte vor Erdbebenvorhersagen durch „Ufologen“
Die Hauptstadt Lima selbst, die in ihrer Geschichte bereits mehrfach durch Erdbeben weitgehend zerstört wurde, kam in diesem Jahr glimpflich davon. Lediglich ein Beben kam auf die Stärke 5 auf der Richterskala, der Rest lag im Durchschnitt bei dem Wert 4. Dennoch ist die Angst ein stetiger Begleiter, nicht zuletzt auch wegen der Nähe zum Meer – insbesondere „La Punta“ in der Provinz Callao ist durch Tsunamis besonders gefährdet -, sondern auch wegen wiederkehrenden Warnungen durch selbsternannte Hellseher und Pseudowissenschaftler. Erst für den vergangenen 21. September hatten zwei selbsternannte russische „Ufologinnen“ vor einem Beben gewarnt – die Prognose dann, nach Nichteintritt, auf den 22. September korrigiert. Es passierte wieder nichts, aber in den sozialen Netzwerken kursierten trotz Aufklärung durch Geologen die Gerüchte weiter.
Beben in großer Tiefe häufig mit schwächeren Auswirkungen
Die Wissenschaftler des Institutes für Geophysik sagen keine Beben voraus und verlassen sich statt dessen auf ihre Messungen: Das stärkste Beben des Jahres wurde am 2. August in Pucallpa gemessen. Das Institut gab dessen Stärke mit 6,4 auf der Richtserskala an. Auch hier lag das Epizentrum in großer Tiefe – obschon das Beben auch in umliegenden Regionen zu spüren war, hielten sich die Schäden glücklicherweise in Grenzen.
Hernando Tavera: Erdbebenhäufigkeit „nichts außergewöhnliches“
Hernando Tavera, Direktor der Seismik-Abteilung des Institutes für Geophysik, sieht an der Zahl von 189 Erdbeben sowieso nichts dramatisches. „Wir leben in einem Land der Erdbeben, das muss man verstehen“, so Tavera, die Erdbebenhäufigkeit in Peru sei nichts außergewöhnliches. Auch deshalb ist der peruanische Zivilschutz so erpicht darauf, immer wieder zu üben, wie im Falle eines Erdbebens vorgegangen werden muss. Denn eines macht Erdbeben wirklich gefährlich: Panik.