Seit Jahrhunderten kommt es zwischen Peru und Chile immer wieder zu Konflikten – zumindest der jüngste wird derzeit friedlich vor dem internationalen Gerichtshof in Den Haag (sp. La Haya) ausgetragen: Der um die Seegrenze zwischen Peru und seinem südlichen Nachbarn. Denn während über die Landgrenze inzwischen ein weitgehender Konsens herrscht, sieht sich Peru bei der Meergrenze benachteiligt. Gestern begannen die Anhörungen vor dem internationalen Gerichtshof, den Peru 2008 angerufen hatte, um Klarheit über den Grenzverlauf zu schaffen.
Legt ein Fischereiabkommen eine Grenze fest?
Die chilenische Position, die von einer -zu ihren Gunsten- weiter nördlich verlaufenden Grenzlinie ausgeht, stützt sich dabei vor allem auf ein Fischereiabkommen aus dem Jahr 1954, das nach Ansicht der Verteidiger der peruanischen Position keine Bedeutung über die Fischerei hinaus hat. Daneben gibt es Unklarheiten über die Auslegung der 1952 getätigten Declaración de Santiago über die Seegrenzen Perus, Chiles und Ecuadors. Und obwohl die Landgrenze weitgehend unstrittig ist, gehen beide Länder von unterschiedlichen Punkten aus, von denen die Seegrenze ausgeht. Insgesamt geht es um rund 68.000 fischreiche Quadratkilometer – für eine Fischfang-Nation wie Peru nicht unwesentlich. Wessen Auslegung die korrekte ist, müssen nun die Richter im niederländischen Den Haag entscheiden, das Urteil wird für Frühjahr 2013 erwartet.
Gerichtsverhandlung live im Fernsehen
Die Anhörungen in Den Haag bestimmen derzeit die Nachrichten sowohl Chiles, als auch Perus, zahlreiche Fernsehsender berichten Live aus dem Gerichtsgebäude, die gesamte Verhandlung wird direkt übersetzt. Zumindest in Peru gab es ein so großes Interesse an einer Gerichtsverhandlung seit einigen Jahren nicht mehr – zuletzt wohl bei den Prozessen gegen Ex-Diktator Alberto Fujimori. Die Regierungen beider Staaten haben Anwälte und bekannte Spezialisten in internationalem Recht engagiert, um ihre jeweilige Position zu untermauern. Beide Seiten sind -zumindest öffentlich- von der Richtigkeit ihrer Argumente überzeugt.
Beide Seiten wollen Urteil akzeptieren
Insbesondere nach der Abneigung Kolumbiens, ein kürzlich gefälltes Urteil des internationalen Gerichtshofs über die Seegrenze zu Nicaragua zu akzeptieren, war über ähnliche Schritte im Fall des Urteils über die peruanisch-chilenische Seegrenze spekuliert worden. Diesen Spekulationen erteilten die Präsidenten beider Länder nun eine Absage. Entgegen der Äußerungen von Politikern aus der zweiten und dritten Reihe und kleineren Verbalkonflikten sagten beide Regierungen zu, das Urteil, wie es auch immer ausfallen möge, zu akzeptieren. Es sei wichtig, dass sowohl das peruanische, als auch das chilenische Volk über die Ruhe, Reife und Weisheit verfüge, die kommenden Etappen vor dem internationalen Gerichtshof in Den Haag durchzustehen, so Chiles Präsident Sebastián Piñera bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Perus Präsident Ollanta Humala, in der beide die Wichtigkeit einer gemeinsamen Zukunft hervorhoben.
Interessant: Bei Google Maps hört bislang die Grenze einfach auf dem Festland, einige Kilometer vor der Pazifkküste, auf.
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