Mit einer Reihe von Legislativdekreten wollte die peruanische Regierung die Bereiche Verteidigung und innere Sicherheit umgestalten – und hat durch einige Artikel heftige Kritik auf sich gezogen. So wurde im neuen Disziplinarreglement der Nationalpolizei die sofortige Versetzung in den Ruhestand für Homosexuelle vorgeschrieben und die Geheimhaltung vieler Entscheidungen im Verteidigungsbereich vorgeschrieben. Gleichzeitig sah das Polizei-Disziplinarreglement für den Fall familiärer und häuslicher Gewalt lediglich eine Suspendierung zwischen 6 und 10 vor.
Als „Pflichtwehrdienst für Arme“ bezeichnete der Journalist Augusto Alvarez Rodrich den Inhalt eines weiteren Dekretes. Nicht ganz zu unrecht: Finden die Streitkräfte nicht ausreichend Freiwillige, wird in Zukunft unter Schulabgängern ausgelost. Davon sind aber nicht alle betroffen. So sind nicht nur Menschen mit Behinderung, Straftäter und Haushaltsvorstände ausgenommen, sondern auch Studierende an Universitäten und Auslandsperuaner ausgenommen. Wer es sich leisten kann, wird also seine Kinder wohl möglichst schnell an einer Universität anmelden oder ins Ausland schicken.
Gestern noch hatte selbst Präsident Humala die Regelung zum Umgang mit Homosexualität in den Reihen der Nationalpolizei gerechtfertigt, nach scharfer Kritik aus Zivilgesellschaft und Teilen der eigenen Regierung deutet sich zumindest hier ein Rückzieher an: Wie in der heutigen Ausgabe des Gesetzblattes „El Peruano“ zu lesen ist, wird der entsprechende Passus durch einen anderen ersetzt, der allgemein Sanktionen vorsieht, wenn Mitarbeiter der Nationalpolizei beim Geschlechtsverkehr in der Öffentlichkeit erwischt werden. Gleichzeitig wird die Strafe im Fall familiärer Gewalt erhöht: Eigentlich habe es „11 bis 15 Tage“ heißen sollen und es habe sich lediglich um einen Fehler gehandelt, heißt es dort.
Über die Themen „Geheimhaltung“ und „Pflichtwehrdienst“ gibt es bislang keine weiteren Stellungnahmen. Mehrere Kongressabgeordnete kündigten bereits an, die entsprechenden Dekrete im Parlament zum Thema machen zu wollen.
Komplexe Regelungen häufig über Ermächtigungsgesetze
In der peruanischen Politik ist es nicht ungewöhnlich, dass die Kongressabgeordneten der Regierung einen Freibrief zur Änderung und Erlassung von Gesetzen in bestimmten Bereichen und für einen festgelegten Zeitraum ausstellen, insbesondere bei komplexen Sachverhalten. Ebenso ist es nicht ungewöhnlich, dass in den per Legislativdekret – ohne Zustimmung des Parlaments – erlassenen Gesetzen Dinge stehen, die weder bei den Betroffenen, noch im Parlament auf Zustimmung treffen. Häufig kommt es deshalb in der Folge zu Protesten und sozialen Konflikten. Das hat häufig eine Rücknahme der entsprechenden Gesetze durch den Kongress zur Folge – in manchen Fällen leider erst dann, wenn bereits Todesopfer zu beklagen sind.
Kritik an Präsident Humala
Präsident Ollanta Humala, der seine Karriere selbst beim Militär begann und zahlreiche seiner früheren Kollegen auf Chefposten beförderte, stand bereits mehrfach wegen Entscheidungen und Aussagen zu den Streitkräften in der Kritik. Erst vor wenigen Monaten war – ebenfalls per Legislativdekret – festgelegt worden, künftig alle wichtigen Kaufoperationen im Verteidigungsbereich, die Rückschlüsse auf Strategien zulassen könnten, nicht mehr öffentlich abzuwickeln. Als einzige Kontrollinstanz wurde der peruanische Rechnungshof mit einbezogen. Vielen Beobachtern reicht das nicht aus.
Zudem bezeichnete Humala 2011 die Streitkräfte als eine Art „Priester jenseits des Guten und des Bösen“ und dachte laut über die Wiedereinführung des Pflichtwehrdienstes, sowie den erneuten Entzug des Wahlrechts für Soldaten und Polizisten nach. In diversen Bereichen bekommen ehemalige Wehrdienstleistende auf Initiative Humalas hin Vergünstigungen. So verfügt beispielsweise das kürzlich gegründete staatliche Stipendienprogramm Beca18 über ein eigenes Programm für diesen Personenkreis. Auch unterstützt Humala die Ausweitung der wirtschaftlichen Tätigkeiten des peruanischen Militärs, insbesondere der staatlichen Rüstungsindustrie.