Seit Anfang des Jahres darf die peruanische Fischereiindustrie nur noch außerhalb der 10-Meilen-Zone nach der peruanischen Sardelle (Engraulis ringens, in Peru Anchoveta) fischen, der Bereich innerhalb dieser Zone ist Kleinfischern vorbehalten, die für den menschlichen Verzehr , nicht aber für die Herstellung von Fischmehl oder -öl fangen. Regierung und Umweltschützer begrüßen die Neuregelung, doch die Fischereiindustrie fährt verbal schwere Geschütze auf. Die Fische aus dem südperuansichen Pazifik wanderten nach Süden ab, in Gewässer des peruanischen Lieblingsfeindes Chile, so der peruanische Anwalt und Fischereiindustrielobbyist Alberto Borea gestern. Damit lässt sich Stimmung machen: Peru und Chile lassen gerade den Verlauf ihrer gemeinsamen Seegrenze vom internationalen Gerichtshof in Den Haag prüfen – alles, was Chile einen Vorteil bringen könnte, wird in dieser Situation besonder kritisch beäugt. Produktionsministerin Gladys Triveño, in der Regierung für den Fischfang zuständig, widerspricht dem Vorwurf, Peru werde durch die Neuregelung der Sardellen-Fanggebiete benachteiligt. Die Wanderungen der Sardellenschwärme brächten mal Chile, mal Peru einen Vorteil, so die Ministerin.
Präsident Humala: „Fangquote wurde mehr als halbiert, weil es keine Anchoveta mehr gibt“
Zudem kritisierte die Fischereiindustrie die gesenkten Fangquoten. Perus Präsident Ollanta Humala versuchte, diese zu rechtfertigen: „Wenn es keine Anchoveta gibt, ist das so, weil sie überfischt wurde. Die Fangquote wurde mehr als halbiert, weil es keine Anchoveta mehr gibt“. Die Fischereiindustrie, insbesondere die Produktion von Fischmehl und -öl ist traditionell einer der wichtigsten Industriezweige Perus. In den vergangenen Jahren kam es aber wiederholt zu Skandalen. So deckte IDL-Reporteros, eine Plattform für Investigativjournalismus, auf, dass es bei großen Fischereikonzernen Gang und Gäbe war, wesentlich geringere Fangmengen anzugeben – um so nicht nur Steuern zu sparen, sondern auch die Fangquote zu umgehen.
Per Dekret hatte das Produktionsministerium im vergangenen Oktober verfügt, dass innerhalb der 5-Meilen-Zone nur Kleinfischerei für den menschlichen Konsum möglich ist. Zwischen 5 und 10 Seemeilen wiederum nur die Fischerei mit kleinen Kuttern, ebenfalls für die Nahrungsmittelproduktion – und ab 10 Seemeilen auch der industrielle Fischfang. Für die Fischerei-Lobby fördert das die Neuregelung illegales Fischen. Zumindest an einem Ort hatte die Lobbyarbeit bereits Erfolg: An der peruanischen Südgrenze dürfen Boote der Fischereiindustrie bereits ab 7 Seemeilen vor der Küste fischen – wenn sie sich darauf mit den örtlichen Kleinfischern einigen können.
Bis heute läuft im peruanischen Fischereisektor sehr viel informell ab, viele Fischer sind nicht registriert und verfügen über kein vorgeschriebenes GPS-Ortungsgerät. Der Fischpreis stieg in dem Andenland in den vergangenen Jahren stark an, insbesondere der Preis für Speisefische.